Das Bootshaus in der Hammerstrasse wird 100 Jahre alt
- von Annika Thiemer
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in Aktuelles
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Am 16.Oktober 1921 wurde in der Hammerstrasse das neue Bootshaus des Ruder-Club-Havel Brandenburg feierlich eingeweiht. Der 1906 gegründete Ruderverein hatte als erstes Heim ein Ziegelschuppen der Fa. Benno Marshall am Beetsee. Bald reichte der Schuppen nicht mehr aus und die Sehnsucht nach einem eigenen Bootshaus wuchs. Im Frühjahr 1907 erstand der Club von der Familie Lorenz auf einem idyllischen Plätzchen auf "Kleins Insel " ein neues Heim. Es war ein einfacher Holzbau zu einem Herstellungspreis von M 750,-.
Am 21.04.1907 war die Einweihung. Gleichzeitig wurden zwei neue Doppelzweier auf den Namen "Havel" und "Vagabund" getauft. Als Vereinslokal dienten weiterhin die Räume der "Havelterrasse". Bei Ausbruch des 1.Weltkrieges zählte der RCHB je 50 aktive und passive Mitglieder und da die Mitgliederzahl nun weiter anwuchs, nahm der Gedanke, ein eigenes festes Haus zu besitzen, Formen an.
Aber das kostete Geld und durch die Inflationszeit waren keine finanziellen Rücklagen vorhanden. Schweren Herzens entschied man sich zu folgendem Schritt: Jedes Mitglied wurde verpflichtet, einen Anteilschein von M 500,- zu übernehmen. Es war zwar nur ein bescheidener Bruchteil des erforderlichen Baukapitals, aber trotzdem ging es ans Werk. Bei der Grundsteinlegung zum ersten Bootshaus hatte man im Jahre 1907 eine Urkunde vergraben, die dann im Jahre 1920 mit ins neue Haus am anderen Ufer hinübergenommen wurde.
Hier nur ein paar Ausschnitte der Urkunde.
Der Ruderclub "Havel " zu Brandenburg a.H. wurde am 26.Mai 1906 in seinem Clublokal "Havelterrasse " gegründet. (Es folgen Aufzählungen der übernommenen Boote und die Namen der Gründungsmitglieder und des 1. Vorstandes unter Leitung des 1.Vorsitzenden des Herrn P.Schönfeld). Die Mitglieder freuen sich jetzt ein neues eigenes Heim zu gründen. Die offizielle Grundsteinlegung fand am Sonntag, dem 17.März 1907, nachmittags 3 Uhr statt.
Hipp-Hipp-Hurra!
Bild 2 Bootshaus Ruderclub Havel 1922 ( Noch ohne Anbau/Saal )
Das Grundstück in der Hammerstraße wurde dem Verein anfangs von der Stadtverwaltung in Erbpacht überlassen, konnte aber dann für 22 000 echter Papiermark gekauft werden. Am 16.Oktober 1921 war es dann soweit, die feierliche Einweihung konnte vollzogen werden. Im Jahre 1927 wurde der festgesetzte Aufwertungsbetrag zurück gezahlt, so dass das Grundstück mit Bootshaus und sämtlichem Inventar nun schuldenfrei war.
Im Jahre 1928 erhielt das Bootshaus noch einen Anbau (der heutige Saal) und eine Gartenanlage, die bis an das Gelände der ehemaligen "Schiffswerft Wiemann " reichte. Dann wurde auch ein Ökonom eingestellt (Bootshausverwalter), der im Bootshaus wohnte und gleichzeitig auch etwas vom Bootsbau verstand.
Bild 3 Bootshaus RCHB 1933 mit Anbau
Das Ansehen des RCHB wuchs weiter, viele neue Mitglieder konnten gewonnen werden. Die geknüpften Beziehungen mit den Vereinen "Wiking" Rathenow, "Vineta" Potsdam, Werder, Genthin usw. wurden ausgebaut. Wer auf Wanderfahrt war, konnte in diesen Bootshäusern übernachten. Auch heute noch kann der RCHB zahlreiche Wanderruderer als Gäste in seinem Bootshaus begrüßen. So kamen in diesem Jahr schon Ruderer aus Frankfurt am Main, aus den Niederlanden und sogar aus Dänemark zum Rudern an die Havel und übernachteten in unserem Besucherbungalow. Dann kam der 2.Weltkrieg aber erst Anfang des Jahres 1945 schlossen die Tore der Bootshalle. Zum Glück überstand das Clubhaus auch die verheerenden Luftangriffe am 31.März und 20. April 1945 auf Brandenburg/Havel. Dann wurde es still im RCHB. Die Brandenburger Bootshäuser sahen fast alle gleich aus. Sie waren leer, teilweise zerstört, die Boote zerschlagen, z.T. überhaupt nicht mehr vorhanden.
Der RCHB war noch einmal davongekommen. Zwar hatten Granateinschläge am Bootshaus und natürlich auch an den Booten Schäden angerichtet. Aber zum Glück waren es keine Volltreffer.
1946 trafen sich im Bootshaus alle Wasserfreunde die Ruderer, Kanuten, Segler und Motorbootfreunde und gründeten die Vereinigung "Freie Wasserfahrer". Alle Vereine und das Rudern waren verboten.
Erst im Sommer 1946 wurde wieder trainiert und an den ersten Regatten teilgenommen. Das erste Sommervergnügen in unserem Bootshaus fand dann im Jahre 1947 statt. 1948 konnten wir damit beginnen, unser "Heim" wieder ein Stück wohnlicher zu machen. Da die Fa. Wiemann, unser angrenzender Nachbar ans Bootshausgelände, nicht mehr existierte, konnte unser Anwesen um einige Meter vergrößert werden. Aus einem ehemaligen Werftgebäude wurde eine Bootshalle in der noch heute Kinderboote, Wanderruderboote und eine Werkstatt untergebracht sind. Auch die Sanitäranlage, die früher neben dem durch Kriegseinwirkungen beschädigten Ruderbecken im Keller des Bootshauses untergebracht waren, wurden erneuert. Dazu wurde der Laubengang zugemauert und erst eine Werkstatt gebaut, später Umkleidekabinen und Duschen geschaffen.
1950/51 kam es zur Bildung von Betriebssportgemeinschaften (BSG) wir wurden zur BSG Einheit, Sektion Rudern, mit dem Trägerbetrieb dem Rat der Stadt. Unser Bootshaus wurde zum Trainingszentrum Rudern und wurde mehrmals als beste BSG ausgezeichnet.
Als 1969 die neue Regattastrecke mit einem großen Verbandstreffen eingeweiht wurde stand unser Bootshaus oft im Mittelpunkt des Organisationsstabes unter Leitung unseres Vorsitzenden Fritz Sumpf. Hier fanden zahlreiche Beratungen und Versammlungen statt u.a. besuchte auch der damalige FISA-Präsident Thomas Keller (Schweiz) unser Bootshaus.
Zur ersten großen internationalen Regatta in Brandenburg, der Frauen-Europameisterschaft 1972 wurde dann im Keller des Bootshauses ein Raum zur Bar umgebaut. Unter anderem konnten wir hier die internationale Presse begrüßen u.a. Harry Valerien aus der BRD.
Auch im Jahre 1985 zur 1. Weltmeisterschaft der Junioren auf der Regattastrecke wurde das Bootshaus saniert. So erhielt der Gastraum eine Holzvertäfelung, die heute noch prima erhalten ist. Seit dem 01.Juni 1990 heißen wir wieder "Ruder-Club-Havel Brandenburg e.V. ".
Unser Bootshaus, sowie auch die meisten anderen Sportstätten der Stadt Brandenburg, sind kommunales Eigentum und werde von der Stadt verwaltet. Im Jahr 2005 haben wir einen neuen langjährigen Pachtvertrag erhalten. Der Schankraum und der Saal unseres Bootshauses wurden als öffentliche Gaststätte verpachtet. Auch die Wohnung wurde vermietet. In den neunziger Jahren wurde der allgemeine Bauzustand unseres Bootshauses immer bedrohlicher. Die undichten Fenster, der marode Zustand der Garderoben und Sanitäranlagen waren dringend sanierungsbedürftig.
Es hat viel Kraft und Anstrengungen gekostet bis 2002 das von der EU geförderte Stadtentwicklungsprogramm ZIS endlich zu einer Planung für die Erneuerung des Bootshauses führte.
Erst als 2005 die Ruder- Junioren-Weltmeisterschaft immer näher rückte, konnte auf Initiative der Oberbürgermeisterin Frau Dr.Tiemann ein vorzeitiger Baubeginn erwirkt werden.
Es entstand neben der rekonstruierten Turnhalle ein neues Mehrzweckgebäude mit Garderoben, Duschen und Aufenthaltsraum. Das Bootshaus wurde umfassend erneuert. Neben einem völlig neuen Dach, einer umgebauten Wohnung und einem Geschäftszimmer für den Vorstand wurden alle Fenster und Türen erneuert. Auch der Außenputz wurde erneuert und auch der alte Laubengang wurde wieder hergestellt und ist jetzt ein sehr begehrter Biergarten.
Unser Bootshaus ist neben der großen Bootshalle für unsere Rennboote ein Treffpunkt für alle Mitglieder, sei es zu Mitgliederversammlungen, oder anderen Veranstaltungen wie Preisskat. Es wird auch gern gefeiert z.B. bei den jährlichen Rudererbällen oder Auszeichnungsveranstaltungen und alle sind sich einig unser Bootshaus gehört zu den Schönsten in ganz Deutschland.
Aber in der Stadt Brandenburg an der Havel finden wir weitere sehr schöne und historische Bootshäuser.
Der Brandenburger Ruderclub, heute BSRK wurde bereits 1883 gegründet und ist damit der älteste Ruderclub in der Stadt. Das Bootshaus wurde 1908 als Ernst-Paul-Lehmann -Haus erbaut, vielen noch als Aufbauheim bekannt. Das Bootshaus wird mit der Feier des 25-jährigen Bestehens 1908 eingeweiht. Das in der Krakauer Str. 14 beheimatete Bootshaus war bis vor einigen Jahren Heimstatt des Rudersports und heute nutzt es die Wassersportabteilung des BSRK für Kanus u.a. Booten.
Leider ist das wunderschöne alte Haus seit 1991 fast ungenutzt und verfällt zusehends.
Bild 4 Bootshaus Brandenburger Ruderclub
Auch der Ruderclub Plaue, der seit 1920 besteht, verfügt über ein sehr schönes Bootshaus an der Havel.
Bereits 1921 wurden die ersten Entwürfe für einen Ersatzbau des Bootsschuppens auf dem Gelände neben dem siedlerschen Grundstück eingeholt. Den Zuschlag für den Bau eines Bootshauses bekam die Fa. Rohrmoser. Da eine Vollfinanzierung nicht möglich war, wurden Baustoffe aus abzureißenden Gebäuden benötigt. Der damalige Klubvorsitzende Krack verhandelte mit der Leitung des Eisenbahnwerkes Brandenburg West in Kirchmöser, die zwei zum Abbruch bestimmte Fabrikgebäude zur Verfügung stellten.
Alle aktiven Mitglieder beteiligten sich daran. Jeder Sportler brachte 2000 Steine geputzt und gestapelt für den Bau zusammen. So hatte der Verein 60000 Mauersteine und 23000 Dachziegel zur Verfügung.
Am 29.07.1924 wurde das Bootshaus eingeweiht.
Bild 5 Bootshaus RC Plaue ,1935
Heute gehört der RC Plaue mit dem RCHB und dem RC Wiking aus Rathenow zum Landesstützpunkt Rudern Brandenburg. Der RC Plaue mit seinen 103 Mitgliedern gehört mit seiner Kinderabteilung zu den erfolgreichsten Rudervereinen im Land Brandenburg. Ein besonderes Kleinod ist das jüngste Gebäude des denkmalgeschützten historisch bedeutenden Bauensembles des Domstifts Brandenburg, das Bootshaus der Ritterakademie. Im Jahre 1924 wurde es direkt an der Havel für die Zöglinge der Ritterakademie errichtet. Die Zöglinge, die Kinder des deutschen Hochadels gingen hier zur Schule und machten an der Ritterakademie ihr Abitur. Neben Reiten und Fechten gehörte Rudern zur körperlichen Ertüchtigung der Zöglinge.
Bild 6 Ruderhaus der Ritterakademie 2005
Das Bootshaus wurde 2019 nach einer umfassenden Renovierung wieder eingeweiht. Es wird heute als Ausleihstation für Paddelboote und Bretter fürs Stand up Paddling genutzt.
Die Inschrift an der Frontseite: "Navigare necesse est, vivere non est necesse " bedeutet sinngemäß: Seefahren tut not, Leben tut nicht not.
Es zeigt das Rudern schon immer beliebt war und auch zum guten Ton besonders in den guten Kreisen gehörte. Besonders in den höheren Schulen wurde auch in Brandenburg aktiv gerudert . So existierte am Saldern Gymnasium der "Schüler Ruder Verein Saldria".
Bild 7 Postkarte des Schüler Ruder Vereins Saldria
Auch am Brandenburger Oberlyzeum am Paulikloster gründeten vor über 80 Jahren die Schülerinnen einen eigenen Ruderverein. Später 1952 wurde in Brandenburg eine Kinder- und Jugendsportschule geründet an der auch Rudertalente ausgebildet wurden. Nach 25 Jahren zog man dann nach Potsdam um.
Klaus Schönhoff
Ehrenmitglied des RCHB e.V.