55. Wanderrudertreffen in Saarbrücken

von Annika Thiemer
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Das 55. Wanderrudertreffen rief mit einem Jahr coronabedingter Verspätung. Nachdem wir 2019 Gastgeber sein durften, wollten wir natürlich sehen, wie unsere Nachfolger dieses Treffen organisieren und auch ein für uns ganz unbekanntes Ruderrevier entdecken.



Die Nachbarn unseres Rudervereins werden sich sehr gewundert haben, als am 10. September zu nachtschlafender Zeit die ersten Ruderer am Verein ankamen. Vor den elf Ruderkameraden und Ruderkameradinnen stand eine lange Fahrt. Um vier ging es los, Richtung Saarbrücken. 

Also ging es auf eine Reise quer durch die Republik, die uns in das kleinste Flächenbundesland führte. Erster Stopp war natürlich die berühmte Saarschleife, die wir am Folgetag selbst mit Ruderbooten befahren wollten. Doch damit wir nicht nur einen Eindruck bekommen, wie diese interessante geologische Stelle von unten aus dem Boot aussieht, erklommen wir den weiter obenstehenden Baumwipfelpfad samt Aussichtsturm. Noch einmal 42 Meter über dem Boden hatte man dort nicht nur einen tollen Ausblick auf die Saarschleife, man konnte fast meinen, von hieraus auch das ganze Saarland zu überblicken. Denn die Richtungsweiser auf der obersten Plattform wiesen bereits nach Luxemburg, Frankreich, Trier und Kaiserslautern. Nachdem ausgiebig Fotos gemacht wurden, machte sich unsere dann auf zwölf Brandenburger angewachsene Delegation auf zur Undine, einem von zwei saarländischen Ruderclubs. Die Saarbrücker Rudergesellschaft Undine e.V. wurde 1925 gegründet und hat ein hervorragend ausgestattetes Bootshaus mit weiteren Bootshallen, Übungs- und Trainingsräumen direkt an einem Seitenarm der Saar und mitten im Zentrum von Saarbrücken. Offen und sehr herzlich wurden wir begrüßt, schien es doch, dass wir die ersten Gäste des WRT waren, die am frühen Freitagnachmittag angekommen waren. Doch schnell füllte sich das große Festzelt, dass für die kommenden zwei Tage unser zentraler Anlaufpunkt sein sollte. Dank der guten Organisation und Vorbereitung durch unseren Vorsitzenden Lars Beilfuß waren wir Brandenburger in einem nur wenige hundert Meter entfernten Hotel untergekommen. So hatten wir zwar insgesamt einen der längsten Anreisewege, aber den kürzesten Weg zurück zum Hotel.

Nachdem wir das Hotel bezogen hatten, nutzten wir die Gelegenheit an einer durch unsere Gastgeber organisierten Stadtführung teilzunehmen. Für die meisten von uns war es der erste Besuch an der Saar und in Saarbrücken. Umso interessanter waren die Geschichten rund um die drei Städte, die erst 1909 zur Großstadt Saarbrücken zusammengelegt wurden. Es erwies sich als großes Glück, dass unser Stadtführer nicht nur bestens vertraut mit der Geschichte seiner Heimatstadt war, sondern selbst enge Verbindungen zur Undine hatte. So war sein Großvater selbst einst Trainer im Verein und noch heute trägt deshalb ein Boot seinen Namen und der Trainingsraum mit Ruderbecken wurde spaßig ebenfalls nach ihm benannt. Nach der etwa zweistündigen Führung durch Saarbrücken, bei der mehr als eintausend Jahre Stadtgeschichte und unzählige Anekdoten mit uns geteilt wurden, endete der Rundgang wieder am Bootshaus. Nach einem guten Abendessen, hieß es dann früh zu Bett gehen, denn die siebenstündige Fahrt und auch der Stadtspaziergang wollten verkraftet sein, ehe man am Samstag in der Frühe zum eigentlichen Highlight des Wanderrudertreffens aufbrechen wollte. Nach einem ausgiebigen Frühstück hieß es dann Rudersäcke schnappen und Busse besteigen. Denn so schön und zentral gelegen die Undine in Saarbrücken auch ist, von hier bis zur Saarschleife zu rudern, wäre dann doch etwas viel gewesen. Immerhin hat die Saar in ihrem Verlauf von etwa 94 km auf deutschem Gebiet acht Schleusen und Staustufen zu überwinden und dass das Schleusen Zeit in Anspruch nimmt, lernten wir im Verlauf des Tages auch. Gerade wenn fast 30 Boote gleichzeitig geschleust werden müssen.

Mit den Bussen ging es nach Beckingen, wo die fleißigen Helfer der Undine bereits die Boote bereitgestellt hatten. So suchten wir uns unsere Bootsbesatzungen, die bereits am Vorabend bunt gemischt durch die Organisatoren festgelegt waren. Vom Zweier-Mit bis zum Gig-Achter, vom Kirchboot bis zur Party-Barke, war alles an Booten vertreten und musste an einem eigens für diesen Zweck aufgebauten Steg ins Wasser gelassen werden. Nach und nach machten sich die Ruderboote dann Richtung Saarschleife auf den Weg und die Ruderer in den Booten lernten einander kennen. Dass eine Seefahrt lustig ist, wissen wir alle, dass sie noch lustiger ist, wenn das Boot Party-Barke heißt, war auf der Strecke mehrfach deutlich zu sehen und zu hören. Die Saar machte uns die Fahrt leicht, denn durch die vielen Staustufen und Schleusen ist die Strömung fast nicht zu spüren. Und so ruderten wir dann flussabwärts unserem Ziel der Saarschleife entgegen. Doch bevor wir nach etwa 17 Kilometern die Saarschleife durchfahren konnten, war eine Mittagsrast am Bootshaus an der Saarschleife in Dreisbach geplant. Dieses Bootshaus, auch SaarRowingCenter genannt, wird vom Ruderbund Saar als Leistungsstützpunkt in unmittelbarer Nachbarschaft zur Saarschleife betrieben. Und so konnten wir vom Mittagstisch erneut den Aussichtsturm in luftiger Höhe sehen, den wir am Vortag erklommen hatten. Nachdem dann nach der Mittagspause erneut alle Boote ruderbereit waren, ging es die Saarschleife hinunter. Eingerahmt von den beiden schroff abfallenden bewaldeten Berghängen an der Stelle, an der die Saar eine 360°-Wendung macht, genossen wir den Ausblick und die neugierigen Blicke der Wanderinnen und Radfahrer entlang des begleitenden Uferweges. Kurz hinter der Saarschleife hieß es dann erneut eine kurze Pause einlegen. Die Schleuse Mettlach sollte von allen Ruderinnen und Ruderern gemeinsam passiert werden, wofür extra das große 190 Meter lange Schleusenbecken bereitgehalten wurde. Nachdem dann alle Boote, die Zahl war durch weitere Teilnehmer nun schon auf über 30 angewachsen, beisammen waren, hieß es zusammenrücken. Denn es galt nicht nur alle Boote zusammen in das Schleusenbecken zu bekommen, in dem sonst Europaschiffe geschleust werden. Man musste sich auch gut festhalten, denn wo man eben noch gut über die Kante schauen konnte, ging es kurz darauf 11 Meter in die Tiefe. Das beeindruckende Ausmaß der Schleusenkammer wurde einem erst vollständig bewusst, als sich zur Ausfahrt die großen Schleusentore öffneten und einen ersten Blick auf Mettlach freigaben. Nun hieß es die letzte Etappe bis zur nächsten Schleuse bei Serrig zu absolvieren. Vorbei ging es am Hauptsitz des Porzellan- und Gebrauchskeramikherstellers Villeroy und Boch in Mettlach, um kurz darauf bei Saarhölzbach schon nach Rheinland-Pfalz zu rudern. Hier wurde uns auch bewusst, dass obwohl die Saar nur gemächlich dahinfließt und uns bislang nur drei kleinere Ausflugsdampfer passiert hatten, der Fluss auch von großen Pötten passiert wird. Ein Flusskreuzfahrtschiff aus der Schweiz machte sich ordentlich breit auf der Saar und kam uns entgegen. Für den Kapitän und die Steuerleute in den Booten eine spannende Situation, die trotz des Einsatzes des Signalhorns von allen professionell gemeistert wurde. Bei Taben in Rheinland-Pfalz öffnete sich die Landschaft dann und die ersten Weinberge zogen sich die Höhen hinauf. Nun war die Ruderausfahrt nach etwas über 30 Kilometern fast zu Ende. Nur noch wenige Ruderschläge entlang des sich öffnenden Tals und kurz vor der Schleuse Serrig endete dann für die meisten der Ruderer die Ausfahrt. Einige hatten das Ziel Saarburg ins Auge gefasst und ließen sich noch einmal 14,50 Meter hinabschleusen, um dann noch einige Kilometer zusätzlich zu rudern. Da dieses Mal aber nicht alle Boote ins Schleusenbecken passten, hieß es gemeinsam anpacken. Drei Boote vom Ruderclub Kleinmachnow-Stahnsdorf-Teltow wurden mit vereinten Kräften erst aus dem Wasser und dann die fünfhundert Meter hinab zur Einsetzstelle unterhalb der Schleuse getragen. Nach diesem letzten Kraftakt hieß es dann die Heimreise ins Hotel anzutreten. Kurz frischgemacht ging es dann zurück auf das Undine-Gelände wo der Abend zu Ende gehen sollte. Nach den Worten des designierten Präsidenten des DRV zur zukünftigen Rolle des Wanderruderns wurde es noch einmal etwas hitzig im Zelt, da einige erfahrene Wanderruderer den angekündigten Reformprozess in diesem Bereich offenbar durchaus kritisch sahen. Doch sowohl der amtierende DRV-Vorsitzende, Siegfried Kaidel, als auch Moritz Petri nahmen sich die Zeit in persönlichen Gesprächen die Ängste auszuräumen. Und so feierten die fast 200 Ruderkameradinnen und Ruderkameraden bei gutem Essen, Gesang, geistigen Getränken und Tanz bis spät in die Nacht.

Doch wie es sich für Ruderer gehört, waren am nächsten Morgen die meisten schon wieder fit. Denn nach dem Frühstück sollte der offizielle Festakt anstehen. Und bereits beim Frühstück schwieg sich herum, dass eine prominente Saarländerin Gast im Festzelt sein würde. Die amtierende Bundesverteidigungsministerin und frühere Ministerpräsidentin des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer, hatte sich angekündigt ein Grußwort an die versammelten Wanderruderer zu richten. Doch weil nicht nur Wanderrudertreffen, sondern auch der Wahlkampf auf dem Terminkalender der Ministerin stand, verspätete sie sich etwas. Den Ablauf und die Ehrung der hervorragenden Ruderleistungen der letzten Jahre konnte das aber nicht beeinträchtigen. Teilweise beachtliche Ruder- und auch Lebensleistungen am und im Ruderboot wurden mit Fahrten- und Äquatorpreisen bedacht. Und auch der R.C.H.B. hatte einen Äquatorpreisträger, der vom DRV die Ehrenplakette erhalten konnte. Gerd Bernau hat es nun seiner Frau gleichgetan und ist im Ruderboot auch einmal den Äquator entlanggefahren. Für ihn nahm seine Frau den Preis entgegen, die wohl am Häufigsten seine Ruderpartnerin war. Die Glückwünsche an ihn werden sicher auch im Verein noch einmal in gebotenem Rahmen überbracht.

So ging ein schöner Vormittag zu Ende und für uns hieß es nach einem letzten Glas Crémant und einigen letzten Gesprächen Abschied von Saarbrücken zu nehmen. Natürlich nicht ohne den Organisatoren, dem DRV und alle Aktiven für die tollen Tage an der Saar zu danken. Doch beim Abschied waren wir uns auch schon sicher, dass der R.C.H.B. auch beim 56. Wanderrudertreffen in Hann. Münden im Jahr 2022 wieder dabei sein wird, um dann wieder ein neues Ruderrevier kennenzulernen.

Daniel Keip