Rudertour von Potsdam nach Petzow

von Annika Thiemer
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Zum ehemaligen Rittergut des schiesswütigen Ziegelleibarons von Kähne.

26.06. 
Die traditionelle Ausfahrt der Ruderer des R.C.H.B. und der PRG führte Ende Juni zum Schlosspark nach Petzow am Schwielowsee.

Bei herrlichem Sommerwetter konnten wir mit zwei Doppelachtern vom Potsdamer Seekrug die Tour in Angriff nehmen. Wie immer wurden die Bootsbesatzungen mit Ruderern beider Vereine gemischt. Recht zügig ruderten wir über den Templiner See zum Caputher Gemünd. Die Vorfahrt der Caputher Fähre „Tussi 2“ beachtend erreichten wir schon nach kurzer Fahrt die Mole am Strandbad Caputh und somit den Schwielowsee. Der oftmals bei Westwind wellenumwobene und tückische Schwielowsee zeigt sich diesmal, abgesehen von den reichlichen Motorbootwellen, von seiner ruhigen Seite. Vom Ostufer des Sees konnten wir schon in der Ferne das beigefarbene Schloss (eigentlich nur ein Herrenhaus) erkennen. Eine Badestelle am Schlosspark war für uns die ideale Stelle um anzulanden und die Ruderboote festzumachen. Auf dem Gelände des Schlossparkes war dann erst einmal etwas Kultur in Form eines Rundganges um den Haussee angesagt. Ich führte den Großteil der kulturinteressierten Ruderer durch den geschichtsträchtigen Park, um die Historie einiger interessanter Gebäude und Objekte kennenzulernen. Petzow wurde Jahrhunderte von den ehemaligen Rittergutbesitzern und Ziegeleibaronen von Kähne beherrscht. Petzow hatte als Dorf auch niemals ein eigenes Wappen. Das Familienwappen derer von Kähne mit 3 symbolhaften Kähnen, zeigte den Einfluss des Adelsgeschlechtes. Ein im Park errichteter Obelisk mit dem Familienwappen zeigt noch heute wer hier herrschte. Die von Kähnes residierten in Petzow über 300 Jahre und wurden durch die Herstellung von Ziegeln in den Brennöfen rund um Petzow und Glindow reich. Der Grundstoff für die Herstellung Ton war in den Glindower Alpen reichlich vorhanden. Noch heute sagt man etwas sarkastisch, das halb Berlin mit Glindower Ziegel aufgebaut wurde.

Im Gestrüpp des Schlossparkes kaum beachtet steht ein verwitterter Grenzstein der darauf hinweist, dass sich Sachsen vor Jahrhunderten bis nach Glindow / Petzow ausdehnte. Der Stein markierte einst die Grenze zwischen der Mark Brandenburg und dem Herzogtum Sachsen-Wittenberg. Ohne geschichtlich zu sehr abzuschweifen und alle Details meiner Führung wiederzugeben, doch noch eine Geschichte zum Abschluss. Unser Rundgang um den Haussee endete an einem schmucklosen beschrifteten Feldstein, der auf einen Mord am See hinweist. Der letzte Rittergutbesitzer von Kähne erschoss hier 1943 mit seinen Komplizen, den im Widerstand gegen Hitler aktiven Dr. Mehlhemmer. Deshalb spricht man noch heute vom schießwütigen adligen Ziegeleibaron, der auch sonst im Leben keinen Streit aus dem Weg ging und schnell zu seiner Waffe griff. Er wurde zwar von einem Nazigericht freigesprochen, aber auch sein Leben endete schicksalhaft 1946 im KZ Sachsenhausen unter der sowjetischen Besatzungsmacht.

Nun soll es aber mit den Petzower Geschichten seine Bewandtnis haben. Am Liegeplatz unserer Boote richteten zwischenzeitlich schon einige unserer fleißigen Ruderfrauen, die von meinen geschichtlichen „Ergüssen“ nichts mitbekamen, das kalte Büfett an und stellten kühle Getränke bereit. Unter schattigen Bäumen konnten wir uns jetzt so richtig den „Bauch vollschlagen“ und an der „Tränke“ etwas Flüssigkeit zu uns nehmen. Satt und zufrieden traten wir dann unsere Rückfahrt zum Seekrug an. Unser Ruderkamerad Hans-Jürgen (unser lieber Professor!) rechnete exakt aus, dass wir in der Hin-und Rückfahrt 14 km ruderten. Nach der üblichen Bootsreinigung und dem Abstellen der Achter in den Bootshallen, war dann auch schon „Kaffeezeit“. An unserer schattigen Grillecke ließen wir uns den Kaffee und den reichlich vorhandenen selbstgebackenen Kuchen munden. Mit Bier und anderen kühlen Getränken erfolgte dann noch die „Nachspülung“.                                                                                                                                          Hubertus und Klaus überraschten uns PRG-ler dann noch mit der Übergabe eines attraktiven Freundschaftspokals und einer Flasche Wein vom Brandenburger Marienberg. Danke nochmals dafür, der Pokal wird einen Ehrenplatz in unserem Clubraum finden. Damit fand unsere gemeinsame Ausfahrt mit rudersportlichem, kulturellem und lukullischem Ambiente seinen Abschluss. Unsere Vorfreude richtet sich schon jetzt auf die gemeinsame Ausfahrt 2022 in meiner Heimatstadt Brandenburg an der Havel. Bis dahin bleibt gesund und Riemen- und Dollenbruch.

Werner Sidow